Drei Fragen an...
Mitarbeiter:innen und Studierende der Global Studies
Ulrike Gelbmann
Vorsitzende der Curricula Kommission für Global Studies
Wie sind die Global Studies entstanden?
Die Idee dafür stammt von Professor emeritus Gerald Schöpfer und seinen Mitstreiter*innen. Sie hatten 2010 die Idee, die Kompetenzen der Universität Graz in den Bereichen der Globalisierung und Entwicklung zu bündeln und ein neues Masterprogramm aus der Taufe zu heben, das von den Studierenden begeistert angenommen wurde. Im Kreis der Wissenschaflter*innen an der Uni Graz war die Meinung zu den Global Studies geteilt: Während einige dem Studium sehr positiv und fördernd gegenüberstanden, verhielten sich andere sehr skeptisch und sogar ablehnend einem interdisziplinären Studium gegenüber, in dem wissenschaftliche Breite vor fachlicher Expertise stand.
In einer sehr kritischen Phase 2016, in der die Skeptiker*innen überwogen und die Universität knapp davorstand, das Masterprogramm zu schließen, durfte ich im Kreis motivierter Kolleg*innen in der Curriculakommission die Verantwortung dafür übernehmen. Durch eine massive Umstrukturierung und Aufteilung auf drei Curricula gelang es uns, die Global Studies an der Uni fest zu etablieren. Dafür bin ich sehr dankbar und bezeichne die Global Studies immer als mein Lieblings-Adoptivkind.
Was ist das Besondere an den Global Studies?
Die Global Studies sind inter- und transdisziplinär: Sie überbrücken Grenzen, die oft disziplinären Studien gesetzt sind und sind bestrebt als Studium nach „draußen“ in die Alltagsrealität zu gehen und gemeinsam mit Partnerorganisationen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu arbeiten. Viele dieser Organisationen setzen sich auf lokaler und regionaler Ebene für die Bewältigung der großen globalen Herausforderungen ein: Verminderung von globaler Ausbeutung sowohl von Menschen als auch von Ressourcen, Armutsbekämpfung, Migration bzw. Integration, Inklusion und Gleichbehandlung, Klimaschutz, Mobilität und Energiewandel und vieles mehr. Diese Herausforderungen werden auch von den 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen beschrieben, auf die wir uns in den Curricula beziehen.
Welche Stärken und Schwächen weisen die Global Studies auf?
Ich bin eigentlich Expertin für Abfallwirtschaft, vor allem für Recycling und Wiederverwendung. Mit einem Augenzwinkern kommt mir dieses Wissen bei den Global Studies sehr zugute. Denn die Global Studies bieten außer in den Basismodulen A und B und außer im Interdisziplinären Praktikum kaum eigene Lehrveranstaltungen an, sondern ordnen jährlich über 500 Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der gesamten Universität ihren Curricula zu (und „recyceln“ sie damit ????). Das macht das Studium sehr komplex für die Verwaltung und besonders für die Studierenden, da wir keine Stundenpläne, vorgefertigten Abläufe oder auch nur sich einigermaßen auf die geforderten Ausmaße ergänzenden ECTS anbieten können. Genau das aber ermöglicht anderseits die Vielfalt und die Freiheitsgrade im Studium. Etwaigen organisatorischen oder bürokratischen Problemen versuchen wir mit Flexibilität und Improvisation abzuhelfen, sodass wir immer gute Lösungen für unsere Studierenden finden.
Florian Bieber
Professor für Geschichte und Politik Südosteuropas und Leiter des Zentrums für Südosteuropastudien
Sie lehren im Rahmen des Global Studies Masters die Vorlesung International Relations, in Englisch als Fachsprache. Woran liegt es, dass „Internationale Beziehungen“ im deutschsprachigen Raum kaum als Politikfeld wahrgenommen oder bearbeitet wird?
Internationale Beziehungen ist ein Teilbereich der Politikwissenschaften und hat als solcher durchaus Sichtbarkeit. Österreich leidet immer noch darunter, dass Politikwissenschaften insgesamt weniger stark verankert sind. Auch wenn wir in Graz ein gutes Angebot an politikwissenschaftlichen Lehrveranstaltungen haben, kann man es in Österreich nur in Wien, Salzburg und Innsbruck studieren. In Deutschland kann man Politikwissenschaften an neunzig Universitäten studieren. Im englischsprachigen Kontext sind Internationale Beziehungen innerhalb der Politikwissenschaften noch sichtbarer. Der Krieg in der Ukraine hat jedoch Experten aus den Internationalen Beziehungen sichtbarer werden lassen. Leider haben einige KollegInnen ein eher uninformiertes Bild abgeben, von John Mearsheimer bis hinzu Johannes Varwick. Es zeugt davon, dass internationale Beziehungen auf einer Makroebene die Welt betrachten, aber es auch regionale Expertise braucht, um den jeweiligen Kontext richtig zu verstehen.
Ändert sich die Wahrnehmung von Krieg und Frieden durch den aktuellen Überfall Russlands auf die Ukraine?
Die letzten Jahrzehnte waren eher von Bürgerkriegen geprägt, also von innerstaatlichen Kriegen, auch wenn viele externe Akteure mitmischten. Der Krieg in Syrien ist hierfür ein gutes Beispiel, der zwar innerstaatlich war, aber in den im Verlauf Iran, die USA, Russland, Hizbullah, Israel, die Türkei und anderen Mächte eingriffen. Ein klassischer Angriffskrieg, wie ihn zurzeit Russland gegen die Ukraine führt ist eine Seltenheit. Das hat für viele in Europa bedeutet, dass Krieg etwas Fernes ist, das einen nicht direkt bedroht. Der russische Angriffskrieg ist nicht der erste Krieg in Europa seit 1989. Seit dem Ende des Kalten Krieges gab es mehr Kriegsjahre in Europa, als Jahre des Friedens, aber diese werden in der EU gerne übersehen. Der Krieg in der Ukraine ist für viele in Europa der erste sehr sichtbare und auch bedrohliche Krieg.
Worin liegt, Ihrer Meinung nach, der Schlüssel für einen globalen Frieden? Welche Faktoren begünstigen eine friedliche Entwicklung der Menschheit und lassen Krieg unwahrscheinlich werden?
Ein globaler Frieden wird immer nur ein Ziel sein, als Realität ist er eher unwahrscheinlich. Je stärker sich die Länder der Erde auf Regeln des Umgangs einigen können und je höher die Kosten für Krieg, desto mehr lässt sich das Risiko reduzieren. Dafür braucht es eine Stärkung einer multi-lateralen Weltordnung, die auf Regeln aufbaut. Eine Konfrontation zwischen dem Westen und China beispielsweise würde eher Konflikte anfeuern und die gemeinsamen Regeln in den Hintergrund treten lassen. Wir sollten nicht vergessen, dass unabhängig vom russischen Angriffskrieg die meisten Kriege und somit die meisten Opfer weiterhin innerhalb von Staaten ausgetragen werden. Die Möglichkeiten der Intervention und der Konfliktlösung, sind hier zentral. Angriffskriege wie jener Russlands werden aller Wahrscheinlichkeit nach die Ausnahme sein.
Lisa Weichsler
Absolventin und Lehrende der Global Studies, Projektleitung des Projektes ComUnitySpirit am Afro-Asiatischen Institut Graz
Welchen Tipp würden Sie Studierenden der Global Studies geben?
Ich würde mich am besten bereits bei der Einführungsvorlesung mit anderen Studierenden von Global Studies vernetzen und darum bemühen in Kontakt zu bleiben. Zum Lernen, Austauschen der Mitschriften und für ein schönes Studentinnenleben in Graz war ich sehr dankbar für Bekanntschaften/Freundschaften, die teilweise bis heute bestehen.
Zusätzlich würde ich bei der Auswahl des Praktikums ganz bewusst etwas suchen, dass für die künftige Berufswahl in Frage kommt. Wie viele andere Studierende bin auch ich nach dem Praktikum als Mitarbeiterin im Unternehmen geblieben.
Was machen Sie derzeit?
Ich arbeite im Afro-Asiatischen Institut Graz im Projekt ComUnitySpirit - Religionen und Kulturen im Dialog. Als Projektleitung darf ich den Interreligiösen Beirat der Stadt Graz koordinieren und bin Mitglied im Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz. Neben der Gremienarbeit freut es mich besonders, interkulturelle und interreligiöse Angebote, wie Veranstaltungen, in Graz mitzugestalten.
Was war Ihr schönstes Erlebnis im Studium?
Mein Pflichtpraktikum bei Südwind Steiermark ist in besonders guter Erinnerung geblieben. Das Praktikum war wichtig für mich, um herauszufinden, wo meine Interessen und Stärken liegen und hat mich darin bestätigt, dass Global Studies die richtige Studienwahl für mich war.
Klaudia Kramer
Referentin im Koordinationsbüro für Global Studies
Was machen Sie im Koordinationsbüro eigentlich?
Meine Aufgaben sind sehr unterschiedlicher Natur und weit gefächert. Ich plane mit meiner Kollegin die Lehre für das Institut für Umweltsystemwissenschaften und den Global Studies. Unterstütze unsere Lehrenden in der Lehre und in der Abwicklung von Prüfungen. Ein weiterer Fokus ist die administrative Betreuung unserer Studierenden. Ich lege großen Wert auf gute Beratung, damit unsere Studierenden bei uns gut aufgehoben sind.
Des weiteren unterstütze ich die die Curricula Kommissionen für USW und GS. Neben dem "normalen" Tagesgeschäft betreue ich auch noch die Websiten von Global Studies und den Umweltsystemwissenschaften.
Was mögen Sie am liebsten an Ihrer Arbeit?
Die enge und gute Zusammenarbeit mit meinen Kolleginnen und Kollegen am Institut. Obwohl wir in den letzten Jahren sehr gewachsen sind, können wir mit Stolz behaupten, ein tolles Arbeitsumfeld und nette Arbeitskolleg:innen zu haben. Ich liebe auch neue Herausforderungen und gehe voll Tatendrang an neue Aufgaben. Die Arbeit am Institut bzw. im Koordinationsbüro ist sehr abwechslungsreich, was mir wirklich gut gefällt. Es wird niemals langweilig!
Was ist das Lustigste, das Sie dabei bisher erlebt haben?
Es gibt bei uns im Koordinationsbüro viele lustige Momente, die wohlweislich hier an dieser Stelle von mir nicht erzählt werden ;)